Berlin (FDI) - Eine ehemalige Universitätsbibliothekarin in Shanghai sitzt zuhause an ihrem Computer. Frau Liu Jin durchbricht mit einem Proxy-Server Chinas „Große Firewall" und verschafft sich Zugang zu einer Falun Gong-Webseite. Sie lädt Berichte über Gesetzesverstöße an ihren Mitpraktizierenden herunter und beginnt mit dem Ausdruck. Bald findet der Stapel von selbst erstellten Untergrund-Rundschreiben seinen Weg in die Hände und Briefkästen von Nachbarn, örtlichen Ladenbesitzern und ehemaligen Kollegen. Eine „Material-Produktionsstelle" - eine von zehntausenden in ganz China - ist ins Leben gerufen und informiert die Menschen über wesentliche Fakten zu begangenem Unrecht, an deren Zensur die Kommunistische Partei unermüdlich arbeitet.
Für diese mutige und gewaltlose Tat wird Frau Liu hart bestraft. Wie Associated Press berichtet, wurde sie im letzten Monat in einem unfairen Gerichtsprozess, der weniger als einen Tag dauerte, zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. (Nachricht: http://www.faluninfo.de/artikel/opfer_verfolgung/1228294375.html). Sie wurde bereits während eines früheren Gefängnisaufenthalts wegen des Praktizierens von Falun Gong gefoltert und zwangsernährt und erwartet jetzt ein ähnliches - wenn nicht sogar noch schlimmeres - Schicksal.
Sechzig Jahre nach Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sind Millionen Bürger in ganz China der Gefahr ausgesetzt willkürlich verhaftet, gefoltert und getötet zu werden. Und das allein deshalb, weil sie ihre grundlegendes Recht auf Meinungs- und Glaubensfreiheit ausüben, Grundpfeiler der UN-Menschenrechtserklärung.
Eine brutale Unterdrückung breitet sich aus
Als der damalige chinesische Staatschef Jiang Zemin 1999 befahl Falun Gong „auszulöschen", wurden Dutzende Millionen Chinesen aufgrund ihres friedlichen Glaubens über Nacht zu „Kriminellen". Ein brutaler Staatsapparat wurde dazu bestimmt sie tatkräftig daran zu hindern eine traditionelle chinesische Glaubensrichtung körperlicher Veredelung und geistiger Selbstverwirklichung auszuüben, die zu einem wesentlichen Teil ihrer Identität geworden war. Er versuchte sie zu verändern.
Jede Möglichkeit diese Angriffe zu beenden, wurde ihnen verwehrt - die staatlich geführten Medien spuckten im Sinne ihrer Anti-Falun-Gong-Propaganda nur schreckenerregende Behauptungen aus, Petitionsbüros wurden in Gefängniszentren verwandelt und von der Partei ernannte Richter wichen fast nie von der offiziellen Linie ab.
Fast zehn Jahre später sitzen immer noch Hunderttausende - laut Bericht von Experten mindestens die Hälfte der chinesischen Gulag-Häftlinge in Arbeitslagern (siehe 2007 Bericht des US-Außenministeriums: http://www.faluninfo.net/article/698/?cid=76). Tausende weitere sitzen in Gefängnissen aufgrund von Prozessen wie dem von Frau Liu. Sie werden geschlagen, mit Elektrostäben geschockt und es werden ihnen Drogen injiziert, die Lähmung verursachen oder sogar zum Tod führen. Vor kurzem enthüllten Untersuchungen, dass Falun Gong-Praktizierende getötet werden, um ihre Organe profitabel zu verkaufen. (Untersuchungsbericht von D. Kilgour & D. Matas: http://www.organharvestinvestigation.net/report0701/report20070131-german.pdf). Unzählige werden mittellos und zu Flüchtlingen im eigenen Land, die aus Angst von der örtliche Polizei verschleppt zu werden, nicht nach Hause oder an ihre Arbeitsstelle zurückkehren können.
Zweigstellen des ‚Büro 610' - einer über dem Gesetz stehenden Sonderabteilung, die 1999 gegründet wurde, um die Kampagne gegen Falun Gong zu leiten - sind nach wie vor in ganz China aktiv, nicht nur in Sicherheitsbehörden und Regierungsbüros, sondern auch in Privatunternehmen, Universitäten und Nachbarschaftskomitees (Siehe: http://www.faluninfo.de/artikel/imdetail/1152085609.html). Im letzten Bericht des Exekutivkomitees des US-Kongresses zu China (Congressional Executive Committee on China - CECC) fanden sich im ganzen Land Hinweise auf diese Behörde - von Nanjing über Yunnan bis Jiangxi. Offizielle Berichte über Verhaftungswellen gegen Falun Gong im Vorfeld der Olympischen Spiele. Falun Gong erschienen auf Regierungs-Webseiten in allen 31 chinesischen Zuständigkeitsbereichen auf Provinzebene. (Jahresbericht 2008 der CECC: http://frwebgate.access.gpo.gov/cgi-bin/getdoc.cgi?dbname=110_house_hearings&docid=f:45233.wais). Das Ergebnis? Es wird bestätigt, dass alleine in den sechzehn Tagen der Olympischen Spiele elf Falun Gong-Praktizierende aufgrund von Misshandlung in Gewahrsam gestorben sind.
Die Antwort der namenlosen Helden
Führer der Kommunistischen Partei und staatlich-geführte Medien behaupten, Falun Gong wäre vernichtet worden. Aber das wirft die Frage auf: Warum bleibt dann ein landesweiter Apparat wie das ‚Büro 610' aktiv und wächst weiter? Warum werden Arbeitslager weiterhin mit Praktizierenden gefüllt? Tatsache ist, dass Falun Gong-Praktizierende in China weiterhin den Anstrengungen der Partei trotzen sie „auszuradieren". Sie bleiben bei ihrem Glauben, stellen Untergrund-Rundschreiben her, hängen Banner auf und führen ganz einfach täglich Gespräche mit den Menschen. Sie erklären die Unschuld von Falun Gong, die schrecklichen Übergriffe gegen Praktizierende und die Geschichte der Verfolgung des chinesischen Volkes durch die Partei - all dies in dem Versuch das Gewissen ihrer Mitbürger zu wecken. Dies ist wichtig in einer Umgebung, in der der Staat die Medien kontrolliert und sie missbraucht um Falun Gong zu entmenschlichen und die breite Masse mobilisiert um ein „Auslöschen" dieser Praktik umzusetzen.
Die Anstrengungen der Falun Gong-Praktizierenden fangen an Früchte zu tragen, so dass sie den Kampf gegen die Verfolgung nicht mehr alleine führen müssen. Eine Generation von mutigen, weltweit bekannten Anwälten hat sich erhoben um sie zu verteidigen, widersetzt sich den Befehlen der Partei und riskiert damit ihre eigene Sicherheit. (Nachricht: http://www.faluninfo.net/topic/152/).
Sie plädieren für die Unschuld ihrer Klienten, indem sie ihre Verteidigung auf Grundlage der chinesischen Verfassung und der UN-Menschenrechtserklärung aufbauen wie es Anwalt Mo Shaoping für Frau Liu tat (Siehe: http://www.faluninfo.de/artikel/opfer_verfolgung/1228294375.html).
Trotzdem bleibt das chinesische Regime unnachgiebig in seiner Strategie gegen Falun Gong. Verhaftungen und Folter sind immer noch weit verbreitet und systematisch. Deshalb muss das Ausland mehr als je zuvor helfen um dieses Unrecht und diese Brutalität ein für allemal zu beenden. Zwei einfache, aber doch lebenswichtige Schritte, die jeder von uns unternehmen kann um dieses Ende herbeizuführen, sind: erstens unseren Blickwinkel zu erweitern und uns von der Parteipropaganda zu lösen, die unabsichtlich in die etablierte westliche Berichterstattung durchgesickert ist und zweitens dem Vorgehen der Praktizierenden in China zu folgen und direkt mit dem chinesischen Volk zu sprechen.
Von Kollegen zu Nachbarn, von Privatunternehmern zu Geschäftsführern von staatlichen Firmen, in der Ausbildung mit örtlichen Richtern und in der Forschung mit Universitätsprofessoren müssen wir eine proaktive Anstrengung unternehmen um die Chinesen zu ermutigen in Frage zu stellen, was ihnen erzählt wurde, und genau die Informationen über Falun Gong zu lesen, die die Partei blockiert. Wir müssen deutlich machen, dass sich eine Stellungnahme gegen Rechtsverletzungen nicht „gegen China" richtet, sondern das Land dem Erreichen historischer Größe wirklich wieder einen Schritt näher bringt. Praktizierende und ihre Unterstützer innerhalb Chinas setzen ihre Karriere, ihre Freiheit und sogar ihr Leben aufs Spiel um sich dem Unrecht zu widersetzen. Ihre Anstrengungen zu unterstützen ist das mindeste, das wir an diesem internationalen Menschenrechtstag für Frau Liu und ihresgleichen tun können.
Denn schließlich wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte genau deshalb verfasst um solche Gräueltaten zu beenden.
Levi Browde ist Leiter des Falun Dafa Information Center in New York