Berlin/New York (FDI) – Pressemitteilung 5. November 2010 – Eine 53 Jahre alte Frau, deren Bericht über die entsetzlichen und professionell verübten Folterungen Rechtsanwalt Gao Zhisheng in seinem Offenen Brief vom 12. Dezember 2005 an Chinas Führer, Hu Jintao und Wen Jiabao, weitergegeben hatte, ist Mitte Oktober an den Folgen der Misshandlungen während der Gefangenschaft gestorben.
Frau Sun Shuxiang nach wiederholter Folter. Das Foto wurde zehn Tage nach ihrer Freilassung aus dem Arbeitslager aufgenommen. |
Laut chinesischer Quellen starb Frau Sun Shuxiang, eine Falun Gong-Praktizierende aus der nordostchinesischen Stadt Changchun, am 10. Oktober 2010, vier Monate nach der Entlassung aus dem Arbeitslager. Dort war sie mit elektrischen Schlagstöcken misshandelt worden, man spritzte ihr unbekannte Drogen und zwang sie zu harter Arbeit. Ein Foto, das unmittelbar nach ihrer Heimkehr aufgenommen und aus China geschmuggelt wurde, zeigt ihren ausgemergelten Körper.
Von Gaos Falun Gong-Interviewpartnern ist Sun die dritte Person, die später zu Tode gefoltert wurde. Gao Zhisheng selbst ist seit April 2010 „verschwunden“. Viele befürchten, er könne im Gefängnis getötet worden sein. In der vergangenen Woche hat seine in den USA lebende Tochter an den amerikanischen Präsidenten Barack Obama appelliert, bei einem in Kürze stattfindenden Treffen mit Hu Jintao Informationen über den Verbleib ihres Vaters einzufordern („Please Return My Father“, erschienen im Wall Street Journal).
Seit die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) vor elf Jahren ihre Kampagne zur Auslöschung von Falun Gong begonnen hatte, wurde Frau Sun zwölfmal eingesperrt. Wie Gao in seinem Offenen Brief zitierte, war sie mehrmals fast zu Tode gefoltert worden.
„Anfang Juli 2002 stürmten einige Polizeibeamte in Zivil in die Wohnung meines Vaters und verhafteten mich“, zitiert Gao Frau Sun in seinem Offenen Brief an Hu Jintao und Wen Jiabao vom Dezember 2005, in dem er ein Ende der Verfolgung von Falun Gong-Praktizierenden forderte. „Sie brachten mich an einen dunklen Ort ... Ein Polizist, der einen freundlichen Gesichtsausdruck zu haben schien, schlug mir ins Gesicht und fragte mich, welche Mitpraktizierenden ich kennen würde. Ich sagte, ich würde keine kennen. Er nahm einen Elektrostab und fing an, mich tief zwischen den unteren Rippen zu schocken.
„Er fragte mich wieder nach den Telefonnummern von Mitpraktizierenden, ich antwortete nicht. … Er fuhr mit dem Elektrostab über meine Arme, über mein Gesicht und dann über die andere Körperseite. Danach fuhr er langsam ein zweites Mal mit dem Elektrostab über meinen Körper. Sie wechselten dann zu einem Stab mit höherer Spannung und fingen bei den Zehen an und fuhren über den Körper. … Als sie sahen, dass ich keine Namen von Mitpraktizierenden verriet, fuhren sie mit dem Elektrostab über meine Augen. Ich fühlte meine Augen aus den Höhlen quellen und konnte nichts sehen. Ich weigerte mich immer noch etwas zu sagen, und sie setzten wieder meine Rippen unter Strom. … Nach einem Tag und einer Nacht der Folter lag ich im Sterben....!" (Vollständiger deutscher Text des Offenen Briefes an Hu Jintao und Wen Jiabao)
Die letzte Verhaftung von Frau Sun erfolgte im September 2009. Sie hatte gerade ihren Enkelsohn zur Schule gebracht. Auf dem Heimweg wurde sie von drei Polizisten umringt, die ihr den Mund zuhielten und sie zur Polizeidirektion in Changchun brachten. Drei Tage später überführte man sie ins Haftzentrum Nr. 3 in Changchun und im Oktober 2009 ins Heizuizi Umerziehungs-Arbeitslager.
Frau Sun berichtete nach der Entlassung ihren Bekannten, dass sie im Lager täglich gezwungen wurde, Fernsehsendungen anzusehen, die Falun Gong beschimpften. Man bedrängte sie ständig, die Meditationspraktik Falun Dafa zu verurteilen und aufzugeben. Einmal schockte der Leiter ihrer Einheit, Yan Lifeng, sie mit einem Elektroschlagstock im Gesicht, weil sie sich geweigert hatte, ein sogenanntes „Prüfungspapier“ mit Anti-Falun-Gong-Fragen auszufüllen.
Im Arbeitslager wurde Frau Sun zu harter Arbeit gezwungen. Unter anderem musste sie bei minus 30 Grad Schnee schaufeln. Ihr wurden vom medizinischen Personal des Lagers unbekannte Drogen gespritzt. Sie wurde immer schwächer, war kaum noch in der Lage zu gehen und litt unter starken Schmerzen im Unterleib, nachdem sie mehrmals in den Bauch oder auf die Rippen geschlagen worden war.
Die Behörden entließen sie schließlich im Juni 2010, nachdem im China and Japan United Hospital bei ihr schwere Probleme in der Bauchregion diagnostiziert worden waren. Zuvor hatten sie jedoch noch ein Video zusammengestellt, in dem ihre Aussagen manipuliert wurden, um den Eindruck zu erwecken, sie habe ihre Behandlung in den Lagern positiv kommentiert. Sun Shuxiang konnte sich von den Verletzungen nicht mehr erholen und verstarb am 10. Oktober 2010.
„Suns Leidensweg zeigt die Grausamkeit der Verfolgung gegen Falun Gong-Praktizierende und den kalkulierten Einsatz verschiedener Foltermethoden durch die Behörden, mit denen der Wille gebrochen werden soll“, betont Levi Browde, Leiter des Falun Dafa-Informationszentrums in New York. „Sei es in einem Arbeitslager, Haftzentrum oder einer Folterkammer in den Bergen, Falun Gong-Praktizierende wie Sun bekommen in China keinen Moment Ruhe. Sie werden unerbittlich schwerer körperlicher und psychischer Folter ausgesetzt.“
„Suns Entschlossenheit, trotz aller Brutalität nicht nur zu ihrer Überzeugung zu stehen, sondern auch Mitpraktizierende vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren, ist bewundernswert. Mit ihrem Tod hat die Welt eine wirklich erstaunliche Frau verloren, die heroisch die grundlegende Menschenwürde verteidigte.“