Tianjin / Frankfurt am Main (30. August 2012) - Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Freitag die chinesische Hafenstadt Tianjin, ca. 140 km südöstlich von Peking, besuchen. Die Stadt ist auch der Sitz des größten Transplantationszentrum Asiens. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) weist darauf hin, dass es von verschiedenen Seiten schwere Vorwürfe gegen das Transplantationszentrum gebe. Im Vergleich zu Deutschland oder anderen westlichen Staaten seien die Wartezeiten auf Spenderorgane "unbegreiflich" kurz, während die Herkunft Tausender Organe "unklar" sei. China ist "Weltmeister" im Hinrichten, kritisiert die IGFM. Sollte dies auch mit dem Verkauf der Organe von Opfern zusammenhängen? Die IGFM fordert klare Antworten von den chinesischen Behörden.
Die Liste der offenen Fragen an das Transplantationszentrum Tianjin ist lang. Gleichzeitig verweigern dessen Vertreter und chinesische Behörden überzeugende Antworten auf Fragen nach der Herkunft der Organe, Transplantationen und der Spenderinfrastruktur, so die IGFM. Im Jahr 1998 fanden im Transplantationszentrum Tianjin lediglich neun Lebertransplantationen statt. Zeitgleich mit den Massenverhaftungen von oft jungen Angehörigen der buddhistischen Meditationsschule Falun Gong ab Juni 1999 stieg die Zahl der Lebertransplantationen drastisch an. Sie lag bereits im Jahr 2005 über der Marke von 2.400.
In europäischen Ländern bestehen flächendeckende, exzellent ausgebaute Systeme für Organspenden und - im Gegensatz zu China - auch eine gesellschaftliche Akzeptanz von Organspenden. Dennoch betragen die Wartezeiten für eine Lebertransplantation im Westen in der Regel mehrere Jahre, weil geeignete Spenderorgane nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Im Transplantationszentrum Tianjin betrug die durchschnittliche Wartezeit für eine passende Leber nur zwei Wochen. Seit Mitte 2006 sind Zahlen in diesem Bereich jedoch Mangelware, Einträge auf Homepages wurden gelöscht, Folgezahlen nicht veröffentlicht.
Nach Einschätzung der IGFM nährt gerade die vehemente Verweigerung jeglicher Transparenz die Befürchtung, die Anschuldigungen könnten wahr sein. Behördenvertreter der Volksrepublik speisen internationale Institutionen, Journalisten und Menschenrechtsorganisationen seit Jahren mit dünnen Statements ab. Vorwürfe, wie sie z.B. im Juli 2012 auf dem 24. Internationalen Transplantationskongress in Berlin vorgetragen wurden, blieben unbeantwortet. Letztendlich, so die IGFM, wird die Herkunft der transplantierten Organe genauso wie die Zahl der Hinrichtungen in der Volksrepublik wie ein Staatsgeheimnis behandelt.
Weitere Informationen zur Menschenrechtslage in China:
http://www.igfm.de/Menschenrechte-in-der-VR-China.485.0.html
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