Europa kann nichts gegen den Organraub an zehntausenden Gewissensgefangenen in China tun? Anscheinend doch. Der schwedische Abgeordnete Niclas Malmberg initiierte mit einigen anderen Abgeordneten vor Kurzem eine Resolution im schwedischen Parlament, die Transplantationstourismus – insbesondere nach China – sowie die Transplantation von Organen unbekannter Herkunft beenden soll.
„Andere Länder haben begonnen, ihre Augen zu öffnen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Schweden Organe in China bekommen. Diese Leute haben sicherlich gutgläubig gehandelt, aber es wird höchste Zeit, dass diese völlig widerwärtige Praxis beendet wird“, sagte Malmberg gegenüber der Zeitung Svenska Dagbladet bei einer Veranstaltung zum Thema Organraub am 28. September im Stockholmer Parlament.
Fachlichen Beistand erhielt er von Menschenrechtsaktivisten und Experten des chinesischen Transplantationssystems, die einer Einladung in den schwedischen Reichstag gefolgt waren.
Dass auch schwedische Patienten neue Organe in China mit nur extrem kurzen Wartezeiten erhalten, fanden die beiden Experten David Kilgour und David Matas heraus, als sie Ärzte und Krankenpfleger in mehreren schwedischen Krankenhäusern besuchten. „Niemand weiß, wie viele, weil es keine offiziellen Statistiken gibt“, so David Kilgour.
David Kilgour und David Matas haben die Beschaffung der Transplantationsorgane in China seit Jahren untersucht und viele Beweise vorgelegt. Für diese Arbeit waren der kanadische Politiker und der international aktive Menschenrechtsanwalt auch für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
Bisher haben nur drei Länder, und zwar Israel, Taiwan und Spanien, ihre Gesetze wegen des Organraubs in China geändert. Das Europäische Parlament sowie der Kongress der Vereinigten Staaten haben Resolutionen verabschiedet, die ein Ende des Organraubs an Gefangenen aus Gewissensgründen, allen voran den Praktizierenden der Meditationsschule Falun Dafa, fordern.
Dass Schweden handele, sei wichtig, betonte David Matas. „Schweden ist ein angesehenes Land, wenn es um Menschenrechte geht“, sagte er.
Australiens Organe aus China: Der Ruf steht auf dem Spiel
Diese schwedische Initiative kommt zu einer Zeit, da auch am anderen Ende der Welt Kritik an der Zusammenarbeit mit chinesischen Transplantationszentren laut wird, wie aus einem Artikel der Zeitung The Australian hervorgeht. Das Lehrkrankenhaus Westmead der Universität Sydney kooperiert seit Jahren mit dem Third Xiangya Hospital im zentralchinesischen Changsha, welches als Zentrum der chinesischen Transplantationsforschung gilt.
Diese Zusammenarbeit mache deutlich, wie sehr das Renommee auf dem Spiel stehe, wenn man im Transplantationsbereich mit China zusammenarbeite, heißt es in The Australian. Zwar beteuert Professor Chapman, der zusammen mit Professor O´Connell die Zusammenarbeit beider Institute seit 2005 vorantreibt, er sei sich „keiner Forschungen in Changsha bewusst, für die unethisch beschaffte Organe verwendet wurden.“ Beide sind sich indes darüber im Klaren, dass die in China transplantierten Organe zweifelhafter Herkunft sind.
Auf dem diesjährigen Transplantationskongress in Hongkong empörte sich O’Connell, der auch aktueller Präsident der Transplantation Society ist, über das Transplantationssystem in China mit den Worten: „Ich muss sagen, dass in vielen Bereichen ein tiefes Misstrauen gegenüber Ihren Transplantationsprogrammen herrscht. Verantwortlich hierfür ist der offensichtliche kommerzielle Handel mit Organen Gefangener mit wohlhabenden Ausländern aus dem Westen oder dem Mittleren Osten“, wie es in einem Bericht des australischen Fernsehsenders SBS heißt.
„Organe von Gefangenen decken einfach nicht den Bedarf. Anhand der Betten, die in diesem Krankenhaus der Nachsorge von Transplantationen gewidmet sind, schätzen wir, dass dort jedes Jahr über 1000 Transplantationen durchgeführt werden,“ sagte der Chinaexperte und Journalist Ethan Gutmann gegenüber The Australian. Er hat zusammen mit Matas und Kilgour untersucht, wie viele Organe jedes Jahr in China transplantiert werden. Sie schätzen die Zahl auf landesweit mindestens 60.000 bis 100.000 oder sogar noch mehr. „Das Regime bestreitet, dass es so viele sind. Aber unsere Zahlen stammen aus den eigenen Statistiken der Krankenhäuser“, sagte David Matas dem Svenska Dagbladet.