Am 2. April 2021 wurden elf Falun-Dafa-Praktizierende in Peking von der Bezirksstaatsanwaltschaft Dongcheng angeklagt. Der Staatsanwalt hatte zuvor ihre Fälle zweimal wegen unzureichender Beweise zurückgegeben. Nun steht ihnen der Prozess bevor.
Die elf Praktizierenden waren bei einer Razzia am 20. Juli 2020, dem 21. Jahrestag des Beginns der Verfolgung durch die Kommunistische Partei Chinas, verhaftet worden. Die Behörden schickten jeweils zehn Polizisten, um jeden einzelnen Praktizierenden festzunehmen. Bei ihnen handelt es sich um Xu Na (w), Li Zongze (m), Li Lixin (m), Jiao Mengjiao (w), Liu Qiang (m), Meng Qingxia (w), Zheng Yanmei (w), Deng Jing (w), Zheng Yujie (w), Zhang Renfei (m) und Li Jiaxuan (w).
Im Vorfeld des Prozesses: Verteidiger legen Beschwerde ein gegen Restriktionen
Der für die Fälle zuständige Richter des Bezirksgerichts Dongcheng ordnete an, dass die Akten nur dann eingesehen werden dürften, wenn die Anwälte aller elf Praktizierenden gleichzeitig zum Gericht kommen würden. Dabei wurde ihnen nicht gestattet, Kopien oder Fotos von den Dokumenten zu machen. Das Gericht kündigte auch an, dass es keine Kopien oder elektronischen Auszüge der Akten zur Verfügung stellen werde.
Gegen diese Anweisung des Richters legten einige Anwälte Beschwerde ein. Sie warfen ihm vor, dass er gegen einschlägige chinesische Gesetzte verstoße, nach denen die Anwälte bei Staatsanwaltschaften und Gerichten die Fallunterlagen beliebig einsehen und kopieren können. Das Gesetz untersagt es, dass Staatsanwaltschaften oder Gerichte Obergrenzen bestimmen, wie oft oder wie lange Verteidiger Einsicht in die Akten nehmen. Die Anwälte argumentierten, dass die Anweisung des Richters die sonst übliche Praxis der Akteneinsicht stark einschränke. Eine ordnungsgemäße Verteidigung nach bestem Wissen und Gewissen zugunsten der Praktizierenden sei so nicht möglich.
Die Beschwerden der Anwälte wurden von den zuständigen Verantwortlichen nicht bearbeitet.
Xu Na: „Die Verfolgung darf nicht mehr so weitergehen“
Einige der elf Praktizierenden sind schon früher verfolgt worden, die meisten von ihnen sind aber junge Praktizierende im Alter von über 20. Sie haben vor kurzem ihren Abschluss an angesehenen Universitäten in China gemacht.
Eine von den elf Praktizierenden, die schon lange Jahre verfolgt worden sind, ist die freie Schriftstellerin und Künstlerin Xu Na. Am 22. April 2021 besuchte der Menschenrechtsanwalt Liang Xiaojung sie im Untersuchungsgefängnis Dongcheng.
Anwalt Liang berichtete über Twitter, dass Xu und andere Praktizierende zur Zielscheibe der Polizei geworden seien, weil sie Fotos und Artikel über die Folgen der Pandemie in China im Internet veröffentlicht hatten. Die Behörden warfen ihnen „Untergrabung der Strafverfolgung durch eine Sekte“ vor – eine Anklage, mit der chinesische Gerichte standardmäßig Falun-Dafa-Praktizierende ins Gefängnis bringen.
In dem jüngsten Gespräch sagte Xu zu ihrem Anwalt: „Ich habe elf Arten von Folter ertragen und bin lebend aus dem Gefängnis herausgekommen. Wie viele Frauen sind in den vergangenen 22 Jahren von ihren Männern getrennt worden und wie viele Familien sind zerbrochen? Wie viele wurden gefoltert, verletzt oder verprügelt, bis sie arbeitsunfähig waren? [Ihr ganzes Leid] geschah nur wegen eines Buches [der Lehre von Falun Dafa], einer DVD, einer Software, mit der man die Internetzensur in China umgehen kann, oder einer Namensliste, auf der Menschen standen, die wegen ihres Glaubens zu Tode gefoltert worden sind. Was ist das für eine Regierung? Wovor hat sie Angst?“
Allein fünf Praktizierende, mit denen Xu befreundet war, wurden zu Tode gefoltert. Zum Beispiel Peng Min (w) aus der Stadt Wuhan in der Provinz Hubei, Shen Jianli (w), die in einer Haftanstalt starb, wobei nicht klar ist, was mit ihrem Leichnam geschah; Huang Xiong (m) aus der Provinz Hunan, der verschwunden ist und bei dem befürchtet wird, dass er verschleppt wurde; Li Li (w), die gemeinsam mit Xu im November 2001 verhaftet wurde und in der Haftanstalt starb sowie Dong Cuifang, eine junge Ärztin, die mit Xu im Frauengefängnis Peking festgehalten worden war und dort im Alter von 29 Jahren starb.
Als Xu im Jahr 2001 erstmalig wegen ihres Glaubens verhaftet wurde, waren viele der jungen Praktizierenden, die bei der Razzia 2020 aufgegriffen wurden, erst zwei oder drei Jahre alt. Als junge Generation, die aufgrund ihrer Bildung normalerweise eine glänzende Zukunft vor sich hat, droht ihnen nun eine Gefängnisstrafe, nur weil sie in Peking Fotos gemacht haben.
„Es ist 20 Jahre her, sagte Xu zu ihrem Anwalt. „Es [die Verfolgung] sollte nicht mehr so weitergehen. Es ist Zeit, dass die Verfolgung endet!“
Und weiter sagte sie: „Ich kann doch nicht schweigen, nur um meine eigenen Interessen zu schützen. Jeder in der Gesellschaft sollte unfaire Situationen, die nichts mit ihm zu tun haben, mit moralischer Einstellung beurteilen. Das ist die grundlegende Verantwortung eines Menschen. Wenn ich mich mit einer solchen Regierung [dem chinesischen kommunistischen Regime] identifiziere, dann bin ich kein aufrichtiger Mensch.“
Rückblick: Der Leidensweg einer Familie, die an ihrem Glauben festhält
Xu wurde 1968 in einer Künstlerfamilie geboren. Ihr Vater ist ein berühmter Maler und ihre Mutter war Kunstlehrerin an einer Universität. Auch Xu ist Malerin. Ihr Mann Yu Zhou hatte seinen Abschluss bei einer berühmten Pekinger Universität gemacht. Der Musiker beherrschte mehrere Sprachen.
Nach Beginn der Verfolgung durch das kommunistische Regime wurde Xu im Juli 2001 verhaftet. Die Beamten beschuldigten sie, auswärtige Praktizierende aufgenommen zu haben, die nach Peking gekommen waren, um sich für ihren Glauben einzusetzen. Xu wurde im November 2001 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Im Pekinger Frauengefängnis sperrte man sie in Isolationshaft. Sie durfte nicht schlafen und nicht duschen. Auch Familienbesuche waren untersagt.
Als Xu gemeinsam mit ihrem Mann am 26. Januar 2008 nach einer Vorstellung nach Hause kam, wurden die beiden verhaftet. Yu starb elf Tage später am 6. Februar in Untersuchungshaft. Er war damals 42 Jahre alt. Die Polizei gab vor, dass die Überwachungskamera kaputt gewesen sei als Yu starb. Die Behörden erlaubten der Familie nicht, seinen Leichnam zu sehen.
Über Yus Tod wurde im Ausland viel berichtet. Daher schikanierten die Behörden seine Schwiegereltern oft und warnten sie davor, mit ausländischen Journalisten zu sprechen.
An der Beerdigung ihres Mannes durfte Xu nicht teilnehmen. Sie wurde in die Haftanstalt Peking verlegt, die berüchtigte „7. Zweigstelle“ der Pekinger Polizeibehörde, wo „wichtige Gefangene“ inhaftiert werden. Am 25. November 2008 verurteilte das Gericht sie zu drei Jahren Haft.
Xus Mutter ist vor ein paar Jahren verstorben. Ihr über 80-jähriger Vater ist nun allein zu Hause und kämpft ums Überleben.
Xus Verteidiger Liang twitterte: „Als Künstlerin und freie Schriftstellerin hat Xu Na durch ihr Wissen, ihre eigene tragische Geschichte und ihr schweres Schicksal Weisheit, Bewusstsein und Mut erlangt, die tief in ihrem Inneren verwurzelt sind.
Angesichts der widrigen Umstände sind Ruhm und Reichtum ihr gleichgültig. Der Ruhm, den sie genießen sollte, und ihr Einfluss werden unterschätzt. Allerdings wird ihr Fall von der Regierung nicht leichtgenommen. Wenn ich Xu treffe, ist es für mich jedes Mal ein Prozess des Zuhörens und der Erkenntnis.“
[1] Falun Dafa, auch Falun Gong genannt, ist eine buddhistische Selbstkultivierungsmethode. Sie wurde von Meister Li Hongzhi im Jahr 1992 in China eingeführt und hat sich rasant verbreitet. Viele Menschen konnten durch die Angleichung an die Prinzipien dieser Praktik – Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht – ihre Moral und ihre Gesundheit verbessern. Praktizierende dieses Kultivierungsweges werden seit dem 20. Juli 1999 auf Geheiß des damaligen Parteichefs Jiang Zemin in China verfolgt. Er ist der Hauptverantwortliche für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Falun-Dafa-Praktizierenden.
Artikel veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Redaktion de.minhui.org