Anwalt wirft Staatsanwaltschaft Verstoß gegen Strafprozessrecht vor

08.11.2023 Verhaftungen

Sun Guizhi aus dem Kreis Ningcheng in der Inneren Mongolei wurde kürzlich angeklagt, weil sie Falun Dafa1 praktiziert. Als Suns Verteidiger die örtliche Staatsanwaltschaft aufsuchte, um Einsicht in ihre Prozessunterlagen zu nehmen, lehnte die Staatsanwaltschaft seinen Antrag ab, obwohl die chinesische Strafprozessordnung ihm dieses Recht eindeutig zusichert (in China können Anwälte und Nichtanwälte Angeklagte vertreten und haben das Recht, ihre Prozessakten einzusehen).

Als Sun zusammen mit Zhang Xiangyun am 26. Januar 2022 Informationsmaterialien über Falun Dafa verteilte, wurden beide Praktizierende festgenommen. Nachdem sie noch an diesem Tag gegen Kaution freigelassen worden waren, tauchten sie unter. Zhang wurde zwei Tage später wieder in Gewahrsam genommen und im Juni 2022 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Sun fand eine Stelle als Kindermädchen in der benachbarten Stadt Lingyuan (Provinz Liaoning), aber die Polizei von Ningcheng kam ihr auf die Spur, indem sie die Telefone ihrer Angehörigen überwachte. Sie informierten ihre Kollegen in der Stadt Lingyuan, die sie am 26. August 2023 verhafteten.

Die Polizisten aus Lingyuan übergaben Sun der Polizei von Ningcheng, die sie dann in der Haftanstalt des Kreises Ningcheng festhielt.

Die Polizeibehörde des Kreises Ningcheng legte ihren Fall der Staatsanwaltschaft des Kreises Ningcheng vor, die Anklage gegen sie erhob und ihren Fall an das Kreisgericht Ningcheng weiterleitete.

Ein Familienangehöriger von Sun, Che (alias), trat als ihr nichtanwaltlicher Verteidiger auf. Als er sich am 24. Oktober 2023 zur Staatsanwaltschaft aufmachte, um ihre Prozessunterlagen zu prüfen, zeigten der mit dem Fall betraute Staatsanwalt He und sein Assistent mit dem Nachnamen Zhao Che nur die Anklageschrift von Sun, nicht aber ihre Prozessunterlagen. Staatsanwalt He behauptete, dass Che zum Gericht gehen müsse, um die Prozessunterlagen einzusehen.

Che argumentierte, dass Staatsanwalt He gegen Artikel 38 der Strafprozessordnung verstoßen habe, in der es heißt: „Ein Strafverteidiger darf ab dem Zeitpunkt, zu dem die zuständige Volksstaatsanwaltschaft mit der Prüfung des Falles für die Strafverfolgung beginnt, das Aktenmaterial einsehen, entnehmen und vervielfältigen. Andere Verteidiger können mit Erlaubnis der Volksstaatsanwaltschaft oder des Volksgerichts die oben genannten Unterlagen ebenfalls einsehen, auszugsweise entnehmen und vervielfältigen.“

Es gebe also keinen triftigen Grund für Staatsanwalt He, seinen Antrag auf Einsichtnahme in Suns Akte abzulehnen, so Che. Bevor der Staatsanwalt antworten konnte, kam eine Staatsanwältin namens Zhang dazu und fragte Che, was er dort zu suchen habe. Che antwortete, dass er als nichtanwaltlicher Verteidiger Suns Akte einsehen wolle. Zhang entgegnete, dass die Familien der Angeklagten nur Anwälte mit der Einsichtnahme in die Prozessunterlagen beauftragen könnten, nicht aber sich selbst.

Che erwiderte, dass Artikel 32 der Strafprozessordnung vorschreibe, dass Angeklagte drei Arten von Personen als Verteidiger beauftragen können, nämlich Rechtsanwälte, Personen, die von einer öffentlichen Organisation oder der Einheit, der der Verdächtige oder Angeklagte angehört, empfohlen werden sowie der Vormund oder Verwandte und Freunde des Verdächtigen oder Angeklagten.

Zhang glaubte Che nicht und googelte die Informationen auf ihrem iPad. Sie las Artikel 32 vor und bestand darauf, dass nur Anwälte Angeklagte vertreten dürfen. Che bat sie weiterzulesen. Als sie sah, dass auch Nicht-Anwälte als Rechtsvertreter zugelassen waren, war sie sprachlos.

Trotzdem erlaubten die Staatsanwälte Zhang und He Che weiterhin nicht, die Akte zu Suns Fall einzusehen. Che beabsichtigt, gegen die beiden wegen Verletzung der Strafprozess-Ordnung eine Klage einzureichen.

Einzelheiten der ersten Verhaftungen

Sun und Zhang wurden am 26. Januar 2022 verhaftet, nachdem sie wegen der Verteilung von Falun-Dafa-Materialien angezeigt worden waren. Suns Materialien wurden dabei beschlagnahmt.

Da die beiden Enkel von Zhang allein zu Hause waren, als die Polizisten kamen, führten die Beamten keine Hausdurchsuchung durch. Beide Frauen wurden gegen 19 Uhr an diesem Tag freigelassen und angewiesen, sich auf der Polizeiwache zu melden, wenn sie vorgeladen werden. Kaum war Zhang nach Hause zurückgekehrt, durchsuchten die Polizisten ihre Wohnung.

Um der Verfolgung zu entgehen, verließen die beiden Praktizierenden ihre Wohnung und tauchten unter. Zwei Tage später holte Zhangs Schwiegersohn sie bei einem Verwandten in einer anderen Stadt ab. Die Polizisten, die sich vor ihrem Haus aufgehalten hatten, verhafteten sie bei ihrer Rückkehr.

Die Polizisten versuchten auch, Sun zu verhaften, aber sie war nicht zu Hause, als sie auftauchten. Sie durchsuchten erneut ihre Wohnung, fanden aber keine Falun-Dafa-Materialien und gingen wieder.

Während Zhang im Untersuchungsgefängnis des Kreises Ningcheng festgehalten wurde, forderte ihre Familie erfolglos ihre Freilassung. Im Mai 2022 wurde sie von der örtlichen Staatsanwaltschaft angeklagt und am 23. Juni 2022 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Sie ist im Frauengefängnis der Inneren Mongolei inhaftiert.

 

 

 

1Falun Dafa, auch Falun Gong genannt, ist eine buddhistische Selbstkultivierungsmethode. Sie wurde von Meister Li Hongzhi im Jahr 1992 in China eingeführt und hat sich rasant verbreitet. Viele Menschen konnten durch die Angleichung an die Prinzipien dieser Praktik – Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht – ihre Moral und ihre Gesundheit verbessern. Praktizierende dieses Kultivierungsweges werden seit dem 20. Juli 1999 auf Geheiß des damaligen Parteichefs Jiang Zemin in China verfolgt. Er ist der Hauptverantwortliche für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit an Falun-Dafa-Praktizierenden.

 

Artikel veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Redaktion de.Minghui.org

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